Hubschrauberflieger in der Presse
Der Hubschrauber kommt
Mehrmals im Jahr landen Hubschrauber des Ausbildungsgeschwaders der Offiziershochschule für Militärflieger „Otto Lilienthal" auf dem Flugfeld der GST-Fliegerschule „Ernst Schneller". Oft ist es eine Visite bei Schichtwechsel, manchmal, wenn mehr Zeit zur Verfügung steht, auch ein Forum. So dienen diese Zwischenlandungen dazu, die Berufsoffiziersbewerber über die Anforderungen des Studiums zu informieren, ihre Fragen zur Technik, zur Ausbildung, zu den Dienst- und Lebensbedingungen bei der NVA zu beantworten. Gesprächspartner sind erfahrene Ausbilder, sind Offiziersschüler, von denen sich die meisten in Schönhagen auf ihr Studium an der OHS vorbereitet hatten, ist, wann immer es der Dienst zuläßt, der Kommandeur des Hubschrauber-Ausbildungsgeschwaders selbst. Dankbar werden seine Ratschläge und die der Offiziersschüler von den GST-Fliegern entgegengenommen. Ihr besonderes Interesse erweckt natürlich immer auch der imposante Mi-8. Sind dessen Türen und Klappen für sie geöffnet, so wird ihnen nachhaltig klar, daß man ganz schön lernen und sich strecken muß, will man ein solches Gerät eines Tages beherrschen.
Quelle
- Wolfhard Tetzner: Der Hubschrauber kommt. In: Fliegerrevue, Heft 6/89
Fliegen in den Bergen
„Gutes Wetter bringen Sie ja nicht gerade mit", begrüßt mich Oberstleutnant Reinhard Streisel in der Flugleitung. Seine Bemerkung zielt auf ein Gewitter, das sich in der Nähe des Platzes ausdonnert. Eigentlich ist es ja Zeit, den Flug zur Ausbildung im bergigen Gelände anzutreten. Doch der diensthabende Meteorologe kann vorerst keine Wetterbesserung erkennen, die Flugstrecke bleibt gesperrt. Soll für mich etwa alles ins Wasser fallen?
Ein völlig neues Fluggefühl
Ganz so schlimm ist es dann doch nicht. Nach fast zwei Stunden Wartens, das an den Nerven zerrt, kommt die ersehnte Startfreigabe. Bald darauf ist der Mi-8T von der Besatzung übernommen. Oberstleutnant Streisel läßt die Triebwerke an. Die Tragschraubenblätter beginnen sich zu drehen, werden schneller und schneller. Schon drückt der Luftstrom die Grashalme flach, treibt Regenwasser von der Abstellfläche. Kurze Zeit später spüren wir, wie sich der Hubschrauber vom Boden löst. Wenige Minuten verharren wir in der Standschwebe, dann steigen wir auf 100 Meter und fliegen in Richtung Großrückerswalde ab. Das ist für mich ein völlig neues Fluggefühl. Trotz der vielfältigen Eindrücke rufe ich mir einiges von dem ins Gedächtnis, was mir die Genossen vor dem Start erzählten. In diesem Jahr begehen die „Seelenbinders" den 30. Jahrestag der Aufstellung ihres Truppenteils. Ihre Vorgänger flogen noch die Typen Mi-4 und SM-1 und beherrschten diese Mehrzweckhubschrauber bald meisterhaft, ebenso wie die Ende der sechziger Jahre eingeführten Mi-2 und Mi-8T. Ihr hohes Können bewiesen die Angehörigen des Geschwaders unter anderem bei den Manövern „Oktobersturm" (1970) und „Waffenbrüderschaft" (1980). Dafür wurde dem Truppenteil vor 17 Jahren der verpflichtende Name des Arbeitersportlers und Antifaschisten Werner Seelenbinder verliehen. Diesem Vorbild erwiesen sie sich seitdem immer wieder würdig, ob in der täglichen Ausbildung oder bei Rettungsflügen unter extremen Bedingungen, wie zum Beispiel im harten Winter 1978/79. Auch als es galt, Schutzdämme vor der Elbehochwasserwelle zu stabilisieren, demonstrierten Hubschrauberbesatzungen und ingenieurtechnisches Personal wahre Meisterschaft. Das galt ebenso für jene Genossen, die anläßlich des 30. und des 35. Geburtstages unserer Republik während der Ehrenparade der Nationalen Volksarmee in Berlin exakt über die Karl-Marx-Allee hinwegflogen.
Mein Nachbar reißt mich aus meinen Gedanken und macht mich auf die Schornsteine des Kraftwerkes Lübbenau aufmerksam. Ein imposantes Bild! Weiter geht es in Richtung Süden. Als wir die Autobahn nach Karl-Marx-Stadt überfliegen, ändert sich spürbar der Charakter der Landschaft unter uns. Aus Hügeln werden Berge, unsere Maschine beginnt zu steigen. Auf einem Berghang sind schließlich Hubschrauber, Zelte und getarnte Flugsicherungstechnik zu erkennen. Wir landen. Die NVA-Flieger haben ihr Feldlager auf einem GST-Segelflugplatz eingerichtet. Neben einer großen Kinoleinwand versammeln sich gerade Soldaten um einen Bratwurstgrill, tauschen Eindrücke des Tages aus. Im Objekt informieren Schautafeln über Leistungen der GST-Mitglieder, und mehrere Beiträge aus der FLIEGER-REVUE sollen offensichtlich zur Weiterbildung der Kameraden beitragen.
Schweben im Stand
Am nächsten Tag wird es ernst für Oberleutnant Mario Baumann. Heute soll er die Zulassung für die Standschwebe erwerben. Der 25jährige Offizier ist ein noch junger Kommandeur. Aber der Träger des Klassifizierungsabzeichens der Stufe II war schon im April 1988 mit dabei, als die „Seelenbinders" 95 500 Sandsäcke zu den durchfeuchteten Elbe-Deichen transportierten. Doch damals durfte er noch nicht selbst fliegen, sondern dirigierte die Hubschrauber als Flugleiter. Nun also winkt ihm die Zulassung, Mario Baumann ist auf die heutige Prüfung gut vorbereitet. Er weiß, daß er als Hubschrauberführer den Absetzpunkt nicht sieht. Nur der Bordtechniker schaut, auf dem Bauch liegend und fest angegurtet, aus der Laderaumtür und kann Hinweise geben. Sein Kettenkommandeur, Hauptmann Klaus Lindau, flog mit ihm mehrere Einweisungs- und Übungseinsätze. Intensiv hatten sie in der Flugvorbereitung die Ausbildung dieses Tages durchgesprochen und dabei die Besonderheiten des bergigen Flugplatzes berücksichtigt.
Endlich ist es soweit. Oberleutnant Baumann fliegt in einer Platzrunde den Absetzpunkt an. Aufmerksam beobachtet er die Instrumente: „Drehzahl der Tragschraube stimmt, Höhe exakt eingehalten, keine Schräglage", registriert er. Als er sich der markierten Stelle nähert, steigt der Hang weiter an. Mit der linken Hand zieht der Oberleutnant den Gassteigungshebel nach oben, erhöht so die Drehzahl der Triebwerke. Gleichzeitig tritt er rechts das Pedal, um über die Steuerung der Heckschraube den befohlenen Kurs zu halten. Der erfahrene Kettenkommandeur verfolgt genauestens sein Tun und bemerkt den noch zu schnellen Anflug des Drehflüglers. „Es ist wichtig, mit Schrittgeschwindigkeit anzufliegen", ermahnt er Oberleutnant Baumann bei der Auswertung. Mehr Konzentration und Fingerspitzengefühl sind also nötig. Genosse Baumann reißt sich zusammen und setzt bei allen weiteren Anflügen die Last aus der Standschwebe genau im Mittelpunkt ab. „Gut" lautet das Urteil. Die Zulassung ist geschafft!
Fliegen im Verband
Nun haben die Hubschrauberführer beim Fliegen im Paar, in der Kette und in weiteren Formationen ihr Können über den Bergen zu beweisen. Steuertechnik und Navigation werden über relativ unbekanntem Gelände überprüft. Als wir losfliegen, dröhnt die Luft. Bei einem Blick aus der Kabine wird mir so recht bewußt, wie sicher Oberstleutnant Reinhard Streisel den geringen Abstand zum vorderen und zum links neben uns fliegenden Hubschrauber einhält. Auch als Sandsteinfelsen die Wiesen ablösen, Berge und Täler wechseln oder als Hochspannungsleitungen zu erkennen sind - immer erfaßt er sofort die Manöver der vor uns Fliegenden und stellt sich blitzschnell darauf ein. Ja, die Angehörigen des Truppenteils beherrschen den Relieffolgeflug! Mitfliegende Offiziersschüler des 4. Studienjahres haben dabei besondere Aufgaben zu erfüllen. Sie führen die Navigation vom zweiten Sitz des Hubschraubers aus, vergleichen Höhenlinien auf den Karten mit dem Gelände, zählen Straßen, Eisenbahnlinien und Ortschaften. Und sie überprüfen die tatsächliche Flugzeit mit der berechneten. „Stimmt der vorgegebene Höhenwind? Ist der Windvorhalt noch richtig? Erreichen wir zur festgelegten Zeit den Wendepunkt?" Fragen, die sie während des Fluges mehrmals zu beantworten haben. Oft greifen sie zum Rechenstab, ermitteln Geschwindigkeit und Kraftstoffvorrat.
Heut ist das Wetter auf unserer Seite; deswegen sehen wir Königstein schon aus fast 20 Kilometer Entfernung. Bald überfliegen wir die alte Festung an der Elbe, und trotz der straffen Ausbildung riskieren die Genossen schon mal einen Blick auf dieses imposante Bild. Der Spaß am Fliegen ist den Männern anzusehen. Der weiteste Punkt der Strecke ist erreicht, und über Altenberg fliegen wir zurück. Vorbei an der Zinnwalder Bobbahn und der 80 Meter tiefen Altenberger Pinge geht es zum GST-Flugplatz. Als wir landen, setzt der Hubschrauber wegen der Hanglage zuerst mit dem Bugrad und dann mit dgrn linken Hauptfahrwerk auf. Doch trotz dieser Schwierigkeiten ist die Bodenberührung sehr sanft.
Beim Abschlußappell notiere ich mir: „Flugplantabelle 100prozentig erfüllt! Der angestrebte Gewinn an Fähigkeiten und Fertigkeiten beim Absetzen von Lasten und für Transporte im Süden der DDR wurde erreicht." Damit rückte für das Transporthubschraubergeschwader „Werner Seelenbinder" die Verteidigung des Bestentitels ein ganzes Stück näher.
Quelle
- Major Karl-Heinz Voigt: Fliegen in den Bergen. In: Fliegerrevue, Heft 4/89
- Fotos: Karl-Heinz-Voigt (Luftbildgenehmigung A 167/88)
Mi-24 im Angriff
In Vorbereitung auf das Ausbildungsjahr 1983/1984 rief die Staffel Bärens des Kampfhubschraubergeschwaders „Adolf von Lützow" alle Armeeangehörigen der Luftstreitkräfte/Luftverteidigung auf, den sozialistischen Wettbewerb zum 35. Jahrestag der DDR unter der bewährten Losung „Kampfposition X. Parteitag - Für hohe Gefechtsbereitschaft! Alles zum Wohle des Volkes!" fortzuführen. In ihrem Aufruf stellen sich die Hubschrauberführer und Techniker anspruchsvolle Ziele. Unter anderem soll der Titel „Beste Einheit" errungen werden. FLIEGER-REVUE beobachtete eine Hubschrauberbesatzung der Staffel Bärens bei der Gefechtsausbildung.
Dichte, dunkle Wolken ziehen über den Flug platz. Als sich endlich Lücken auftun und einzelne Strahlen die Erde berühren, hat die Sonne bereits mehr als die Hälfte ihres Weges zurückgelegt. Zu dieser Zeit beginnt die Gefechtsausbildung im Kampfhubschraubergeschwader.
Der Namensvetter
Vorsichtig setzen Hauptmann Roland Zimmerling und Oberleutnant Thomas Lüth ihre Füße auf den festgetretenen Schnee des Pfades, der zur Absteilfläche ihrer Mi-24 führt. Dort werden sie schon vom Bordtechniker Feldwebel Jan Krause und dem Techniker Unteroffizier Björn Lüth erwartet. Der Feldwebel meldet, daß der Hubschrauber einsatzbereit ist. Mit einem Rundgang um die Maschine überzeugen sich die beiden Offiziere davon.
Oberleutnant Lüth muß jedesmal innerlich ein wenig schmunzeln, wenn er seinem Namensvetter begegnet. Verwandt sind sie nicht miteinander, soweit sie die Sache überblicken können. Doch daß hier ein Lüth als Hubschraubertechniker arbeitet, erinnert den Oberleutnant stets daran, wie er Militärflieger wurde.
Flugzeugmechaniker war der Beruf, den er von 1975 bis 1977 auf dem Flughafen Schönefeld erlernte. Diese Lehre brachte ihm den nachhaltigen Kontakt mit der Fliegerei. Wenn man das alles mal von nahem gesehen hat, traut man sich eben auch eher zu, es selbst zu versuchen. So fiel eine entsprechende Frage während der Musterung bei ihm auf vorbereiteten Boden. Ja, die Fliegerei lockte den angehenden Flugzeugmechaniker, er ließ sich auf seine Tauglichkeit untersuchen und hatte Glück.
Nach dem Erwerb der Hochschulreife begann Thomas Lüth mit dem dreijährigen Studium an der Offiziershochschule der Luftstreitkräfte/Luftverteidigung „Franz Mehring". Seit 1981 ist er Offizier und zweiter Hubschrauberführer, auch Operateur genannt. Anfangs auf der Mi-8, ein Jahr später auf der Mi-24. Als gelernter Flugzeugmechaniker weiß er die Tätigkeit der Hubschraubertechniker besonders zu schätzen. Ohne ihre zuverlässige Arbeit würden die Hubschrauberführer ihre Flugaufträge nicht erfüllen können. Erst die gründliche Vorbereitung durch die Techniker und das Können der Piloten machen den Kampfhubschrauber zu einem wirksamen Waffensystem. Und die beiden Hubschrauberführer wissen: Auf Feldwebel Krause und Unteroffizier Lüth können sie sich verlassen.
Nachdem ihm Oberleutnant Lüth gemeldet hat, daß auch auf seiner Seite alles in Ordnung ist, unterschreibt der Hauptmann im Kontrollblatt des Technikers. Damit hat er den Hubschrauber übernommen.
Der Auftrag
Im Bestand einer Kette werden sie in geringer Höhe eine bestimmte Strecke in befohlener Zeit fliegen und anschließend den Waffeneinsatz trainieren. Im Gefechtsfall würde die Aufgabe lauten, sich möglichst unerkannt dem Handlungsraum des Gegners zu nähern und die befohlenen Ziele zu vernichten. Dabei sind wichtige Ziele für die Kampfhubschrauber vor allem Panzer und gepanzerte Fahrzeuge. Es kommt besonders darauf an, jedes Ziel mit dem ersten Schuß und in kürzester Zeit zu vernichten. Dazu muß jede Hubschrauberbesatzung gut ausgebildet sein.
Seit über einem Jahr ist Hauptmann Zimmerling Paarführer, sein Hubschrauber wird deshalb an dritter Stelle im Kettenverband fliegen. Was keineswegs bedeutet, einfach nur hinterher zu fliegen. Jede Besatzung muß in der Lage sein, die Führung des Verbandes zu übernehmen bzw. den Auftrag allein zu erfüllen. Deshalb wird Oberleutnant Lüth ständig navigieren, um jederzeit über den Standort Auskunft geben zu können. Nach einem Blick auf die Uhr befiehlt Hauptmann Zimmerling das Einsteigen. Mit flinken Bewegungen verschwinden die Piloten in ihren Kabinen und schnallen sich an. Als der Hauptmann sein: „Fertig, wir beginnen!" ertönen läßt, hat der Oberleutnant die Anlaßliste schon in der Hand. „MG-Plane, Staurohrbezüge", liest er vor. „Entfernt!", kommt die Antwort von Hauptmann Zimmerling. „Erdungsseil?" „In der Luke!". „Stellung der Tragschraubenblätter?" „Normal!"
Punkt für Punkt liest der zweite Hubschrauberführer vor, und Punkt für Punkt antwortet ihm der erste, nachdem er die notwendigen Kontrollen durchgeführt oder die entsprechenden Schalter betätigt hat. Obwohl sie schon ungezählte Male den immer gleichen Vorgang durchgecheckt haben, sind sie beide jedesmal konzentriert bei der Sache. Schließlich sind sie an dem Punkt angelangt, an dem Hauptmann Zimmerling über Funk beim Flugleiter die Anlaßerlaubnis einholt. „Erlaubt!", ertönt es in der Kopfhaube.
Das Motiv
Knapp dreizehn Jahre war Roland Zimmerling, als er das erste Mal Bekanntschaft mit der GST schloß. In diesem Alter begann er nämlich im Nachrichtensport mit dem Funken. Dieser Schritt entsprang seiner vielseitigen Interessiertheit, die ihn auch im DTSB den Kanusport betreiben ließ. Sein Berufswunsch war Arzt. In den Zeitungen konnte Roland täglich Nachrichten über den schmutzigen Krieg der USA in Vietnam lesen. Leben zu erhalten, das war der Grund, weshalb er Arzt werden wollte. Leben zu erhalten, indem er Krankheiten bekämpfte, reichte das denn aus, solange ein viel größeres Übel das Leben ganzer Völker, ja der Menschheit bedrohte, solange es Kriege gab? Eine solche Fragestellung hat Konsequenzen bei einem Jungen wie Roland. Er entschloß sich, Offizier zu werden. Offizier der Funktechnischen Truppen, wie ein guter Bekannter der Familie. Und als man ihn beim Eignungsgespräch an der Offiziershochschule fragte, ob er bereit wäre, auch Militärflieger zu werden, war er beherzt genug, um mit ja zu antworten. Inzwischen hat er über 1200 Flugstunden absolviert und ist Hubschrauberführer der Leistungsklasse I.
Hauptmann Zimmerling hebt die rechte Hand und beschreibt mit ihr einen Kreis. Nun wird also angelassen. Als sich die Tragschraube dreht und die Checkliste abgearbeitet ist, tauscht Oberleutnant Lüth sie gegen seine Navigationsunterlagen aus. Von ihm aus kann's losgehen.
Da kommt auch schon die Rollerlaubnis für den Verband. Hauptmann Zimmerling schaut nach den anderen Maschinen und gibt dann dem Techniker ein Zeichen. Wir rollen, soll das heißen. Aber vielleicht auch: Mach's gut bis nachher, trink in Ruhe deinen Kaffee, und vielen Dank für die Vorbereitung! Der Hauptmann löst die Bremse, drückt den Knüppel nach vorn, und schon setzt sich der Hubschrauber in Bewegung. Ziel ist die Startfläche, wo eine Kontrollstandschwebe durchgeführt wird.
Während Hauptmann Zimmerling gefühlvoll den Gassteigerungshebel nach oben zieht und mit Knüppel und Pedal die Maschine aussteuert, beobachtet Oberleutnant Lüth die Drehzahlanzeige. Alles in Ordnung, meldet er.seinem Kommandanten, der nun die Mi-24 am Start plaziert und dem Kettenkommandeur die Startbereitschaft meldet.
Der Start
Kurz danach kommt das Startkommando. Schnell haben sich die vier Maschinen vom Boden gelöst, holen Fahrt auf und gehen in den Steigflug über. Hauptmann Zimmerling fährt das Fahrwerk ein. Ein Blick bestätigt ihm, daß die Flugregimes stimmen. Er gibt den Befehl, die Waffenanlage einzuschalten, und erhält wenig späterdie Quittung. Ansonsten wird während des Fluges nicht'viel gesprochen. Die beiden Hubschrauberführer hatten die Aufgabe gründlich vorbereitet, nun weiß jeder, was er zu tun hat. Regelmäßig informiert der Oberleutnant darüber, wo sie sich gerade befinden. Der Hauptmann richtet seine Aufmerksamkeit vor allem auf das vordere Paar und natürlich wie die anderen Besatzungsmitglieder auf die Rundumbeobachtung. Da bleibt der Blick auch mal kurz auf der Erde haften. So manches Mal schon hat der Hauptmann, der in seiner Freizeit gerne fotografiert, sich gewünscht, eine Kamera dabei zu haben. Hin und wieder setzte er am Wochenende seine Familie ins Auto, um sich eine der herrlichen Ecken, die er aus der Luft „aufgeklärt" hatte, von nahem zu betrachten.
„Hubschrauber von hinten rechts", mit diesem Ruf unterbricht der dritte Mann an Bord, Feldwebel Krause, jäh die Gedanken des Hauptmanns.
Noch ehe er ihn selbst erkennt, kommt die Bestätigung von Oberleutnant Lüth: „Habe ebenfalls gesehen!"
Der Hauptmann meldet das Auftauchen des „feindlichen" Hubschraubers dem Kettenkommandeur. Inzwischen überlegt der Oberleutnant, was jetzt passieren wird. Nehmen wir den Kampf auf? Die Waffenanlage ist einsatzbereit.
Andererseits könnte dadurch die Erfüllung der Gefechtsaufgabe gefährdet werden. Da hört er schon über Funk den Befehl des Verbandsführers: „Gruppe maximale Geschwindigkeit!"
Die Luft ist wieder rein. Der zweite Hubschrauberführer widmet sich wieder der Navigation. Sie sind der angenommenen Kampflinie schon ganz nahe. Oberleutnant Lüth vergleicht immer wieder die Karte mit dem Gelände, um Möglichkeiten für einen gedeckten Anflug auszumachen. Jetzt müßte gleich ein größeres Waldgebiet kommen. Da ist es schon. Wahrscheinlich werden wir es südlich umfliegen und die dort vorhandene Waldschneise nutzen. Wie zur Bestätigung kurvt das vordere Paar nach links ab. Doch noch bevor die Hubschrauber das Waldgebiet überflogen haben, wird eine neue Gefechtsordnung befohlen. Die „Kampflinie" ist paarweise zu überwinden, die Kette wird sich an einem festgelegten Punkt wieder formieren.
Der Angriff
Die Freude über den erfolgreich erfüllten ersten Teil der Flugaufgabe dauert bei Oberleutnant Lüth nur kurz. Schon befinden sie sich im Anflug auf die Ziele. „Überprüfung der Waffenanlage!" befiehlt Hauptmann Zimmerling. Sein Operateur kontrolliert noch einmal das Waffenpult, bevor er meldet: „Waffenanlage einsatzbereit!"
Hauptmann Zimmerling hat den Kampfkurs eingenommen. Die Entfernung zum Ziel beträgt noch mehrere Kilometer, als er seinen
Operateur fragt: „Ziel erkannt?" Er weiß, daß er sich auf den Oberleutnant verlassen kann, der beim Waffeneinsatz in der Vergangenheit sehr gute Ergebnisse erreichte. Also Thomas, jetzt bist du dran, zeig' auch heute, was du kannst. Thomas Lüth hat sich über das Visier gebeugt und meldet: „Ziel erkannt." Jetzt ruhig bleiben, ermahnt er sich selbst. Da hört er schon das Kommando: „Abschuß!", drückt den Kampfknopf. Jetzt keine falsche Bewegung, vorsichtig ausgleichen. Roland hält die Maschine prima. Da erfolgt schon die Signalisation des Treffers.
Erleichtert hebt der Oberleutnant den Kopf und macht erneut die Waffenanlage einsatzbereit. Mehrere Male noch steuert Hauptmann Zimmerling den Hubschrauber auf Kampfkurs, und immer wieder arbeitet die Besatzung erfolgreich. Schließlich befiehlt der Hauptmann: „Waffenanlage ausschalten !", und steuert seine Position in der Kette an.
Die Freude steht ihm im Gesicht. Klasse, daß alles geklappt hat. Diesen Flug können wir auf der Habenseite verbuchen. Winkt nur, ihr Leute da unten. Wenn ihr denkt, die haben's gut, die können fliegen, dann habt ihr absolut recht.
Quelle
Hauptmann Helmut Herold: Mi-24 im Angriff. In: Fliegerrevue, Heft 3/84
Oberst Henry Richter
Kommandeur des Transporthubschraubergeschwaders „Werner Seelenbinder"
Oberst Henry Richter eilt, von einem Politschulungsvortrag kommend, in sein Dienstzimmer. Wie immer hatte er sich dabei nicht mit dem Interpretieren politischer Tatsachen begnügt. Auch dieses Mal forderte er seine jüngsten Mitstreiter zum Nachdenken heraus, diskutierte mit ihnen Konsequenzen, die sich für sie aus der NATO-Hochrüstung und der Raketenstationierung in Westeuropa ergeben - Konsequenzen für eine höhere Gefechtsbereitschaft, die ihnen gebietet, jegliche Reserven auszuschöpfen.
Der stets sehr pünktliche und militärisch exakte Oberst blickt nicht auf die Uhr, wenn es um die politische Erziehung seiner Unterstellen geht. Zu Recht behaupten deshalb die Genossen von ihrem Kommandeur: er sei ständig da, führe das Geschwader täglich 24 Stunden und hätte dennoch immer ein offenes Ohr für jedermann.
Bewegt wie seine Gegenwart, in der die Termine den Kalender zu sprengen drohen, verlief auch die Entwicklung von Oberst Henry Richter. Der gebürtige Zwickauer lernte nach dem Schulbesuch Landwirt und wurde Neubauer. Dem Vorbild des Vaters folgend, trat er schon im November 1945 in die KPD ein. Ab 1949 verstärkte er die Reihen der VP-Bereitschaft „Ernst Thälmann". Und während dieser Zeit erwachte in Henry Richter angesichts sowjetischer MiG-15 am Himmel der Wunsch, Militärflieger zu werden. Ihn faszinierten die Flugzeuge, und nichts vermochte den Kommunisten Richter von seinem gesteckten Ziel abzubringen. .
Seit seinem Freiflug auf einer Jak-18 mit Schneekufen sind inzwischen viele Jahre vergangen. Er war der erste Geschwaderkommandeur der damaligen Fliegerschule, besuchte die Militärakademie, arbeitete in verantwortlichen Funktionen des Kommandos LSK/LV. Und besonders stolz ist Oberst Richter, daß er den Hubschrauberverband befehligen durfte, der bei der ersten Luftparade anläßlich des 30. Jahrestages der DDR auf die Sekunde genau und in exakter Gefechtsordnung über Berlin hohe Kampfkraft vor aller Welt demonstrierte. Acht Flugzeugtypen meisterte er in seiner Militärfliegerlaufbahn. Nahezu 3000 Flugstunden stehen für ihn auf den Typen Jak-18 und Jak-11, Po-2, MiG-15 und MiG-17, L-29, Z-43 und Mi-8 zu Buche.
Nicht nur die regelmäßige flugmedizinische Kontrolle bestätigte dem 1,83 Meter großen und 83 kg schweren Militärflieger, er sei kerngesund und im Herzen jung geblieben. Auch seine Ehe half, jung zu bleiben. Durch viele Standorte folgte ihm seine Frau Anita. Zwei Söhne haben sie großgezogen - Lutz, der Leistungssportler beim ASK Potsdam ist, und Leutnant d. R. Gerd, der zum fliegenden Personal der INTERFLUG gehört.
Und nicht nur, weil Oberst Richter jung geblieben ist, widmet er sich heute dem Nachwuchs. „Ihr müßt von uns Älteren lernen, schon Bewährtes immer noch besser zu machen", fordert er von den jungen Fliegern und verheimlicht ihnen dabei nicht, daß er seinerzeit mit einer MiG-17 bei einem Looping im oberen Totpunkt die minimale Geschwindigkeit unterschritt und ins Trudeln geriet. Die Ursache war eine fehlerhafte Verteilung seiner Aufmerksamkeit. Aus diesem und anderen Beispielen leitet Oberst Richter die Forderung nach ständigem Lernen und hohem Trainingszustand ab, und er rät ihnen, stets ihr Temperament zu zügeln, stets ruhig und sachlich zu bleiben. Die jungen Hubschrauberführer beherzigen, was ihnen der erfahrene Kommandeur aus eigenem Erleben vermittelt. Der Träger des Kampfordens „Für Verdienste um Volk und Vaterland" in Gold und dienstälteste Flugzeugführer der NVA ist ihnen Vorbild, Erzieher und Ausbilder.
Quelle
- Fliegerrevue, Heft 2/84
Offiziersschüler mit Schwung
(Mal wieder ein Bekannter und Ehemaliger aus Erfurt. Man teilte POS, EOS, Alkersleben...)
Der da so locker gelöst auf einer Kinderschaukel zu sitzen scheint, ist Offiziersschüler Jörg Salzer. Er lernt im 3. Studienjahr an der Offiziershochschule der Luftstreitkräfte/Luftverteidigung für Militärflieger. Jetzt genießt er eine kurze Pause im Fliegertrainingssport, bevor er auf der Überschlagschaukel kreuzgefährlich aussehende „Flugfiguren" erprobt, die ihn immerhin einer Belastung vom Zweieinhalbfachen seines Körpergewichtes und mehr aussetzen. Sport in sehr spezifischer Form- Training der Körperbeherrschung und des Gleichgewichtsapparates vor allem - ist ein wichtiger Bestandteil des militärischen Hochschulstudiums. Mit 50 Prozent am Gesamtpensum umfangreichstes Element jedoch ist die fliegerische Ausbildung. Auf einige Flugstunden in der MiG-21 kann Jörg bereits zurückblicken, und während der ersten beiden Studienjahre absolvierte er immerhin 132 Stunden auf dem Strahltrainer L-39 Albatros. Damit lag er etwas über dem allgemeinen Durchschnitt, doch weiß er dies zu schätzen. In seiner Diplomarbeit beschäftigt Jörg sich nämlich mit der Steuertechnik dieses Flugzeugtyps. Bald wird Offiziersschüler Salzer sein Diplom verteidigen und damit einen wichtigen Lebensabschnitt krönen, der einst in Alkersleben bei Erfurt auf dem Segelflugplatz der GST begann. Kurt Kriese war sein erster Fluglehrer. An der LessingEOS in Erfurt baute Jörg sein Abitur mit „gut", turnte bei der BSG Rotation der Druckerei Fortschritt und - was das Wichtigste war - absolvierte an der GSTFliegerschule „Fliegerkosmonaut Sigmund Jähn" in Jahnsdorf die Motorflugausbildung. Heute sitzt, wenn Jörg zur Startbahn rollt, in der hinteren Kabine des Schulflugzeuges MiG-21U Major Uwe Behrendt. An dessen 1 500 Flugstunden reicht Jörg aber noch lange nicht heran ...
Ein schriller Pfiff reißt uns aus dem Gespräch. Mit einem energischen Ruck überwindet Jörg Salzer die Trägheit seines Körpers. Er schnallt die Füße auf dem Schaukelbrett fest, legt Schlaufen um die Handgelenke und holt Schwung. Schwung auch für die nächsten Prüfungen und Ubungsflüge auf dem Weg zum Jagdflieger der Nationalen Volksarmee.
Quelle
Jens Seil (MPD): Offiziersschüler mit Schwunge. In: Fliegerrevue, Heft 3/89
Waffenbrüderschaft - Manöver September 1980 in der DDR
Das Manöver Waffenbrüderschaft '80 gibt es hier als PDF...
Quelle
Zeitung "Volksarmee", Sonderausgabe zum Manöver Waffenbrüderschaft '80.